Unterhalt durch einen Rechtsanwalt geltend machen

 

Sie fragen sich, ob Sie Unterhalt geltend machen können.

Zur Beantwortung dieser Frage muss zwischen Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt und Unterhalt nach der Scheidung (nachehelicher Unterhalt) differenziert werden. Nähere Ausführungen dazu finden Sie im Folgenden.

 

1. Kindesunterhalt

 

Der Kindesunterhalt steht Kindern bis 18 Jahren und Kindern mit noch keiner abgeschlossenen Ausbildung zu. Die Höhe des Kindesunterhalts orientiert sich an der Lebensstellung der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes.

Grundsätzlich orientiert sich der Unterhaltsbedarf an dem sogenannten Normalbedarf. Zu dem Normalbedarf gehören die zum Leben unentbehrlichen Aufwendungen. Während gegen den nicht mehr im Haushalt lebenden Elternteil Anspruch auf Barunterhalt besteht, hat das Kind gegen den betreuenden Teil nur einen Anspruch auf Betreuung (Betreuungsunterhalt). Der Unterhaltsanspruch ist nicht für jedes Kind gleich, sondern orientiert sich insbesondere am Alter und an den Einkommensverhältnissen. Der Barunterhaltsanspruch kann für die gesamte Bundesrepublik der Tabelle des Oberlandesgerichts Düsseldorf, für Mecklenburg-Vorpommern übernommen durch die Tabelle des Oberlandesgerichts Rostock entnommen werden. Das hälftige Kindergeld ist dabei dem Unterhaltsbedarf des Kindes anzurechnen. Im Falle eines außergewöhnlich hohen Bedarfs kommt unter Umständen eine erhöhte Zahlung (Sonderbedarf) in Betracht. Volljährige Kinder sind bis zum Abschluss einer Ausbildung (bzw. sechs Monate über diese hinaus) unterhaltsberechtigt.

 

2. Trennungsunterhalt

 

Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht, wenn Sie von ihrem Ehegatten getrennt leben, aber noch nicht von ihrem Ehegatten geschieden sind.

Für die Höhe des Unterhalts ist die Höhe der Einkünfte der Ehegatten während der Ehe, die Anzahl der Unterhaltsberechtigten, die eigene Erwerbstätigkeit (Erwerbstätigkeitsbonus 10 %) und weiter Punkte maßgeblich. 

Grundsätzlich können folgende Faustformeln zur Unterhaltsberechnung aufgestellt werden:

Unterhaltspflichtiger

Unterhaltsberechtigter ohne Einkommen

Unterhaltsberechtigter mit Einkommen

nicht erwerbstätig

1/2 der Einkünfte (i. S. d. § 2 EStG)

 

1/2 der Differenz der Einkünfte

erwerbstätig

Unterhalt = ca. 3/7 des Erwerbseinkommens + 1/2 sonstiger Einkünfte für die der Verpflichtete keine Ausgaben und überobligatorische Anstrengungen leistet.

3/7 der Erwerbseinkommens-differenz + 1/2 sonstiger Einkünfte für die der Verpflichtete keine Ausgaben und überobligatorische Anstrengungen leistet.

 

Eine genauere Berechnung des Trennungsunterhalt kann wie folgt vorgenommen werden:

Berechnung:

Leistungsfähigkeit des Verpflichteten:

+ Einkünfte aus allen Einkommensarten (§ 2 EStG). Beim Erwerbseinkommen ist das Bruttoeinkommen einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Zulagen heranzuziehen. Wohnt der Ehegatten noch allein im gemeinsamen Anwesen, so ist ihm der Wohnvorteil anzurechnen. Verletzt der Unterhaltsverpflichtete Erwerbsobliegenheiten, so kann es zu einer fiktiven Anrechnung von Einkünften kommen. Hier gelten jedoch strenge Maßstäbe. Eine Vollzeittätigkeit genügt i. d. R. zur Erfüllung der Erwerbsobliegenheiten des Unterhaltsverpflichteten.

- Abzüglich Steuern (maßgeblich ist die effektive Jahressteuerschuld, also die tatsächlich angefallene Höhe), Versorgungsaufwendungen, berufsbedingte Aufwendungen (ggf. pauschal i. H. v. 5 % oder tatsächlich nachzuweisende Kosten [bei Pendlern sind 0,30 € pro KM anzusetzen]), Schulden soweit diese eheprägend sind und verschiedene weitere Verpflichtungen soweit eheprägend,  Kosten der allgemeinen Lebensführung sind nicht abzugsfähig. Da die Unterscheidung, ob es sich um Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt oder ob es sich um eheprägende Verpflichtungen handelt relativ kompliziert ist, werden im folgenden einige Beispiele aufgezählt:

·         Darlehenszinsen wegen der gemeinsamen Immobilie, die während der Ehe angeschafft wurde sind für die Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen (+).

·         Tilgungsraten sind für den Unterhalt berücksichtigungsfähig soweit diese in den Zugewinn fließen oder soweit der gemeinsame Kredit getilgt wird (+).

·         Schulden aus einem Pkw Kauf während der Ehe (+). Selbst wenn das Fahrzeug bereits gegen ein anderes ausgetauscht wurde und der Kredit umgeschuldet wurde.

·         Vorsorgeaufwendungen, wie Krankenkasse, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung (im gesetzlichen Umfang) sind für den Unterhalt berücksichtigungsfähig (+).

·         Beiträge zur privaten Altersversorgung sind für den Unterhalt i. H. v. 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigungsfähig (+), z. B. Riester-Rente (+). Bei Selbständigen, die nicht zu Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung verpflichtet sind, sind die Zahlungen, die fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet werden könnten, abzugsfähig (zzgl. 4 %, RV Satz ca. 19 %). In welcher höhe Tilgungsleistungen, von denen der Ehegatte nicht profitiert, anzurechnen sind, ist seit der Entscheidung des BGH vom 18.01.2017, XII ZB 118/16 und dem Hinweis in der Entscheidung vom 04.07.2018, XII ZB 448/17, Rn. 31 nicht mehr ganz klar. Gem. der Entscheidung des OLG Stuttgart, Beschluss vom 3.8.2017, 16 UF 118/17 (unter Verweisung auf die bezeichnete BGH Rechtsprechung) finden die den Wohnwert der Immobilie übersteigenden Zahlungen, sofern es sich um Tilgungsleistungen handelt, für die 23 % Altersversorgungsgrenze Berücksichtigung.

·         private Unfallversicherung (-)

·         Hausratsversicherung, Brandversicherung, Wohnungsversicherung, Haftpflichtversicherung (-)

·         Lebensversicherung soweit diese der Vermögensbildung dienen, sind sie für den Unterhalt nicht abzugsfähig (-) (anders ggf. bei Risikolebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens).

·         Instandhaltungskosten soweit notwendig (+)

·         u. U. Kinderbetreuungskosten

·         Heizung bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         Strom bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         Telefon bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         Kfz-Versicherung bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         Rechtsschutzversicherung bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         GEZ bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

·         Wasser und Müllgebühren bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen (-)

- Unterhalt ggü. vorrangiger Unterhaltsberechtigter

- 10 % Erwerbstätigkeitsbonus

= Leistungsfähigkeit

Diese Berechnung müssen beide Ehegatten für sich vornehmen.

Die Leistungsfähigkeit beider Ehegatten ist sodann zu addieren. Dieses Ergebnis ist zu halbieren. Dies ergibt den sog. Unterhaltsbedarf.

Die Parteien, die weniger als diesen Betrag verdient hat grds. ein Recht auf Aufstockung um diesen Betrag. Der andere Ehegatte ist jedoch insoweit vor Inanspruchnahme geschützt, wenn der angemessene Selbstbehalt i. H. v. derzeit (im Jahr 2013) 1100,00 €.

 

3. Scheidungsunterhalt bzw. nachehelicher Unterhalt

 

Auch nach der Scheidung kann noch ein Unterhaltsanspruch bestehen. Ein Unterhaltsanspruch besteht, wenn folgende Tatbestände erfüllt sind.

- § 1570 BGB Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes (Kindesbezogen I, Elternbezogen II)

- § 1572 BGB Unterhalt wegen Alters, Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen,

- § 1573 BGB Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt,

- § 1575 BGB Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung,

- § 1576 Unterhalt aus Billigkeitsgründen.

Grundsätzlich kann angenommen werden, dass genau, wie beim getrennt lebenden Unterhalt, jedem Ehegatten die Hälfte aller zusammengerechneten Einkünfte zusteht. Davon müssen der Kindesunterhalt, der Erwerbstätigkeitsbonus und ggf. noch weitere Ausgaben abgezogen werden. Zudem muss noch überprüft werden, ob der Unterhaltsverpflichtete überhaupt in der Lage ist, den Unterhalt zu zahlen. Dem Unterhaltsverpflichteten muss ein bestimmter Betrag als Selbstbehalt verbleiben. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Trennungsunterhalt verwiesen (siehe also oben).

Seit dem 01.01.2008 wird der nacheheliche Unterhalt zeitlich und ggf. auch der Höhe nach durch die §§ 1578 b, 1579 BGB begrenzt. § 1578 b BGB enthält eine für alle Unterhaltstatbestände geltende Billigkeitskontrolle.

Zunächst steht dem geschiedenen Ehegatten der volle nacheheliche Unterhalt zu. Während der Zeit unmittelbar nach der Scheidung (Schonfrist) hat der geschiedene Ehegatte die Möglichkeit seine Lebensverhältnisse dem ehelichen Lebensstandard anzupassen. Nach einem gewissen Zeitraum steht dem Unterhaltsverpflichteten die Möglichkeit zu den Unterhalt der Höhe nach und/oder zeitlich zu begrenzen, wenn der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre.

Bzgl. der ehelichen Lebensverhältnissen ist darauf abzustellen, wie lange die Ehe dauerte, ob Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, ob ein Ehegatte besondere Opfer geleistet hat, etc. Der 18. Deutsche Familiengerichtstag (nachzulesen unter These 9, Brühler Schriften zum Familienrecht 16 S. 127) hat sich dafür ausgesprochen, dass die Schonfrist auf ein Drittel bis ein Viertel der Ehezeit zu beschränken ist sowie bei der Billigkeitsabwägung die Dauer, in der Getrenntlebenden-Unterhalt gezahlt wurde, zur berücksichtigen ist. Die Umstände des Einzelfalls entscheiden, wobei im OLG Bezirk München von einer Unterhaltsdauer von ca. 1/3 der Ehezeit auszugehen sein dürfte, wobei die Zeit, in der Trennungsunterhalt gezahlt wurde, angerechnet werden muss. 

4. Zeitpunkt der Schuld

Der Unterhaltsanspruch entsteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für den jeweils einschlägigen Unterhalt vorliegen. Rückwirkend kann nur unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB (ggf. i. V. m. 1360 a III / ggf. i. V. m. 1361 IV BGB) geltend gemacht werden. Dies erfordert, dass der Unterhaltsverpflichtete im Verzug ist. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgefordert wurde, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen. Der Unterhalt wird dann ab dem ersten des Kalendermonats geschuldet.  Die gilt nicht für den nachehelichen Unterhalt. 

 

Nach Ablauf dieser Schonfrist ist der Unterhalt dann zu befristen bzw. zu begrenzen auf das Maß, dass der geschiedene Ehegatte ohne die Ehe bzw. ohne die Kinderbetreuung erzielen hätte können (angemessener Lebensbedarf). Entspricht das tatsächliche Einkommen seinem Lebensbedarf entfällt der Anspruch.

Sie haben noch Fragen zum Unterhalt. Rechtsanwalt Bernhard steht Ihnen in Ingolstadt bundesweit zur Seite. Rufen Sie uns an.